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Auswirkungen von COVID-19 auf die Fruchtbarkeit

Auswirkungen von COVID-19 auf die Fruchtbarkeit

Seit Dezember 2019 steht weltweit das neue Coronavirus im Fokus, das eine schwere akute Atemwegserkrankung, SARS-CoV-2 genannt, auslöst.

Dieser Virus ist für die Pandemie verantwortlich, die uns derzeit auf der ganzen Welt heimsucht und tiefgreifende Auswirkungen auf das Leben der Menschen hat.

Aus klinischer Sicht können bei der Krankheit, bekannt als COVID-19, eine Vielzahl von Symptomen auftreten, wie anhaltendes Fieber, Husten, Lungenentzündung etc. Schon nach kurzer Zeit stellte sich heraus, dass die Infizierten nicht nur an den typischen Atemwegssymptomen litten, sondern auch an anderen Erscheinungen, wie neurologische, kardiovaskuläre und thrombotische Erkrankungen, die nicht mit den Atemwegen in Verbindung stehen.

Wir als Experten der künstlichen Befruchtung wollten wissen, welche Auswirkungen COVID-19 von diesem Zeitpunkt an bis heute auf die reproduktive Gesundheit der Bevölkerung hat.

Dafür überprüfen wir ständig die Arbeiten und Studien, die dazu veröffentlicht werden.

Folgende Fragen können uns dabei helfen, diese Auswirkungen festzustellen:

  1. Es ist bekannt, wie das Virus in die Zellen eintritt – besteht die Möglichkeit, dass sich das Virus im Samen befindet?
  2. Kann dieses Virus als eine sexuell übertragbare Krankheit bezeichnet werden?
  3. Hat das Virus Auswirkungen auf die Samenqualität?
  4. Können eine Hodenentzündung (Orchitis) oder Erektionsbeschwerden auftreten?

Der erste Aspekt, den es zu berücksichtigen gilt, ist, dass es sich um ein Virus mit einer unvorhersehbaren Entwicklung handelt und die Zahl der Veröffentlichungen und Studien in Bezug auf die Zahl der untersuchten Fälle und das Design dieser Studien begrenzt ist.

Wie bereits erwähnt, müssen die Ergebnisse daher mit Vorsicht ausgelegt werden, und es sind weitere solide Studien erforderlich, um zu eindeutigen wissenschaftlichen Ergebnissen zu gelangen.

SARS-CoV-2 im Samen

Es ist im Allgemeinen bekannt, dass SARS-CoV-2 eine Zelle infizieren muss, um deren „zelluläre Maschinerie“ nutzen zu können, damit es sich dann vermehren und neue Zellen des Patienten infizieren kann.

Das Virus besitzt auf seiner Oberfläche ein S-Protein oder auch „Spike-Protein“, das als Schlüssel dient. Dieser „Schlüssel“ passt in das „Schloss“, also den ACE2-Rezeptor, der sich an der Oberfläche der zu infizierenden Zellen befindet. Die zu infizierende Zelle besitzt außerdem eine weitere notwendige Voraussetzung: die vorhandene transmembrane Serinprotease, bekannt als TMPRSS2.

Bisher durchgeführte Studien zeigen, dass, wenn beide zusammen vorkommen (ACE2-Rezeptor und TMPRSS2), sie sowohl in den Hoden als auch in den Spermien in einem sehr geringen Anteil auftreten (weniger als 0,01 % der Zellen)1.

Daher ist anzunehmen, dass die Hoden nicht direkt vom Virus infiziert werden können.

Das und die Tatsache, dass SARS-CoV-2 nicht im Sperma infizierter und genesener Patienten gefunden wurde, lassen darauf schließen, dass eine Ansteckung von einem Mann auf seine Partnerin nicht möglich ist.

Folglich gilt dieser Virus nicht als eine sexuell übertragbare Krankheit (STD).

Das ist vor allem für Paare wichtig, die schwanger werden wollen, unabhängig davon ob dies spontan oder durch Behandlungen zur künstlichen Befruchtung geschieht. Außerdem ist dies auch für die Programme der Samenspenden von Bedeutung.

Auswirkungen auf die Samenqualität

Die dazu vorgebrachten Theorien basieren auf indirekten Mechanismen, da, wie zuvor bereits erklärt, die Voraussetzungen für eine direkte Infektion bei Spermien nicht gegeben sind.

Nachfolgend werden einige Möglichkeiten aufgeführt, bei denen bei infizierten Männern eine Veränderung der Samenqualität2 eintreten kann:

  • Fieber: Es ist wohl bekannt, dass Fieber (Hyperthermie) über 38,5-39 °C, das 3 Tage oder länger anhält, die Samenqualität von Männern verringern kann. Dabei wird vorübergehend eine geringere Zahl und Motilität der Spermien festgestellt, die sich einige Wochen nach der Infektion wieder normalisiert.
  • Hormonelle Veränderungen: Für eine korrekte Produktion von Spermien ist ein angemessener Testosteronspiegel erforderlich. Es wurde festgestellt, dass die Werte dieses Hormons bei infizierten Männern unter denen von nicht infizierten Männern liegen. Dies könnte die Verringerung der Samenqualität erklären.

Die Gründe für hormonelle Veränderungen können vielfältig sein: Stress, dem der infizierte Patient ausgesetzt ist, mögliche Hodenschäden infolge einer Infektion oder der Verabreichung von Kortikoiden zur Kontrolle bestimmter Entzündungsprozesse.

  • Entzündungsprozesse: Es ist bereits bekannt, dass die von diesem Virus verursachte Krankheit verschiedene Entzündungsprozesse auslösen kann, die mehr oder weniger allgemein oder lokalisiert sein können. Diese Prozesse können zu einer Immunabwehrreaktion mit der Produktion verschiedener Arten von entzündungsfördernden Proteinen (Zytokine) führen. Diese Proteine gelangen wahrscheinlich in den Hoden und schädigen die Hodenkanälchen (die für die Produktion und Reifung der Spermien verantwortlich sind), wodurch sich die Samenqualität verändert.

Es ist anzumerken, dass alle veröffentlichten Studien zur Samenqualität sehr begrenzt sind, da die Samenqualität der Männer vor der Infektion unbekannt war.

Hodenentzündung und Erektionsstörungen

Entzündungsprozesse auf Hodenebene und mögliche vorhandene Mikrothromben in den Blutgefäßen der Hoden können zur Entwicklung einer Orchitis bzw. der Entzündung eines oder beider Hoden führen.

Diese Komplikation steht in engem Zusammenhang mit der Schwere der Erkrankung und dem Alter des Patienten. Bei Männern im fruchtbaren Alter mit leichten oder mittelschweren Symptomen beträgt die Wahrscheinlichkeit 5-10 % 1.

Ebenso können möglicherweise vorhandene Mikrothromben im Gefäßnetz des männlichen Genitaltrakts in Verbindung mit einem verminderten Testosteronspiegel und dem Stress des Patienten durch die Situation, in der er sich befindet, zu Erektionsstörungen führen.

Bei einer dieser Komplikationen ist es ratsam, einen Urologen aufzusuchen, um die Situation zu beurteilen und eine zufriedenstellende Lösung zu finden.

Nachdem der Zusammenhang zwischen der männlichen Fruchtbarkeit und COVID‑19 untersucht wurde, stellen sich folgende Fragen:

  1. Wurde der Virus im weiblichen Genitaltrakt gefunden?
  2. Hat die Infektion Auswirkungen auf die weibliche Fruchtbarkeit?
  3. Nimmt die Qualität der Eizellen bei Frauen ab, die infiziert waren?

Hinsichtlich der Auswirkungen von COVID-19 auf die weibliche Fruchtbarkeit ist die Zahl der veröffentlichten Studien immer noch sehr viel geringer als bei der männlichen Fruchtbarkeit.

Dies könnte zum Teil auf die geringere Zugänglichkeit für die Gewinnung von weiblichen Gameten (Eizellen) zurückzuführen sein.

Vorhandensein von SARS-CoV-2 im weiblichen Genitaltrakt

Bis heute gibt es keine veröffentlichte Studie, die das Vorhandensein des Virus im weiblichen Genitaltrakt klar nachweist3.

Einige Studien zeigen jedoch das Vorhandensein des ACE2-Rezeptors und der TMPRSS2-Protease im Eierstock- und Gebärmuttergewebe.

Auswirkungen auf die weibliche Fruchtbarkeit

Im Gegensatz zu Männern wurde bisher bei Frauen keine wesentlichen Veränderungen bei den Hormonspiegeln von Estradiol und Progesteron und bei dem Anti-Müller-Hormon festgestellt4.

Dennoch werden in derselben Studie Unterschiede in der Zusammensetzung einiger Proteine und Hormone, die in der in den Eizellen vorhandenen Follikelflüssigkeit enthalten sind, festgestellt. Die Autoren dieser Studie stellen die Hypothese auf, dass die Qualität der Eizellen von infizierten Frauen geringer sein könnte, als die von nicht infizierten Frauen4.

Abschließend ist zu sagen, dass, wie bereits zu Beginn erwähnt, sowohl bei Männern als auch bei Frauen Fruchtbarkeitsstudien mit einer sehr kleinen Anzahl von Patienten und nicht immer mit treffenden Ausführungen durchgeführt wurden, sodass diese Ergebnisse mit großer Vorsicht zu betrachten sind.

Zweifelsfrei deuten die bisher veröffentlichten Studien darauf hin, dass die Veränderungen in jedem Fall vorübergehend sind und sich der Zustand nach der akuten Phase der Infektion möglicherweise wieder normalisiert, insbesondere in Fällen mit leichter oder mittelschwerer Symptomatik.

Literaturverzeichnis

  1. Tur-Kaspa I., Tur-Kaspa T., Hildebrand G., Cohen D. “COVID-19 may affect male fertility but is not sexually transmitted: a systematic review”. Fertil Steril Rev Vol.2, Nº 2, April 2021. doi.org/10.1016/j.xfnr.2021.01.002
  2. Collins A., Zhao L., Zhu Z., Givens N., Bai Q., Wakefield M., Fang Y. “Impact of COVID-19 on Male Fertility”. Urology 00:1-7,2022. doi.org/10.1016/j.urology.2021.12.025
  3. Boudry L., Essahib W., Mateizel I., Van de Velde H., De Geyter D, Piérard D., Waelput W., Uvin V., Tournaye H., De Vos M., De Brucker M. “Undetectable viral RNA in folicular fluid, cumulus cells and endometrial tissue simples in SARS-CoV-2 positive women”.Fertil Steril Rev, December 2021. doi.org/10.1016/j.fertnstert.2021.12.032
  4. Herrero H., Pascuali N., Velázquez C., Oubiña G., Hauk V., Zúñiga I, Gómez Peña M., Martínez G., Lavolpe M., Veiga F., Neuspiller F., Abramovich D., Scotti L., Parborell F. “SARS-CoV-2 infection negatively affects ovarian function in ART patients”. BBA-Molecular Basis of Disease 1868 (2022)166295. doi.org/10.1016/j.bbadis.2021.166295

Dr. Ana FabregatPharmazeutin am Instituto Bernabeu

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